Dienstag, 11. Dezember 2018

Writing Friday Adventkalender - Türchen 11




Wenn der Wecker morgens schrillt ist das eigentlich ja schon schlimm genug, aber wenn dann auch noch das Prasseln vom Regen auf dem Dach erklingt, dann ist der Morgen perfekt. Das schminken kann ich mir also direkt einmal sparen. Es sind halb fünf, draußen ist es stockdunkel und meine gesamte Familie schläft noch. Ein Weihnachtsmorgen wie jedes Jahr. Denn ich arbeite eigentlich immer an Weihnachten. Zum Glück dieses Jahr morgens, dann kann man den Abend noch mit der Familie verbringen. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und versuche leise wie möglich aus dem Bett herauszukriechen und mich anzuziehen. Die Türen vorsichtig zu machen und die Klinken immer schön herunterdrücken. Nachdem ich mich angezogen habe gehe ich ins Bad und gehe mir mit warmem Wasser durchs Gesicht. Ich schaue in den Spiegel und entscheide mich doch dafür ein leichtes, aber wasserfestes Make-up aufzutragen. Im Grunde freute ich mich ja schon auf heute Abend. Mein Mann hat sich bereit erklärt zu kochen und ich werde den Baum mit den Kindern schmücken können. Noch einmal ein Blick in den Spiegel und dann schnappe ich mir die Schlüssel, wickele mir den Schal bis über die Nase und ziehe die Mütze auf den Kopf. Warum kann es nicht schneien, nein an Weihnachten muss es regnen. Leider hatte ich gestern vergessen den Sattelschoner über meinen Fahrradsattel zu ziehen und so wischte ich nur kurz mit den Händen drüber, legte den Dynamo ans Rad an und zwang meine müden Beine mich den Berg zum Krankenhaus hoch zu tragen. Meine Brille war sofort beschlagen und mit Tröpfchen bespritzt. Ich versuchte ein wenig schneller zu fahren, damit ich die nächste Ampel noch bekommen, rot. Na super, denke ich, aber wenigstens ist rot die Farbe der Weihnacht. Zum Glück hatte ich es nicht weit bis zum Krankenhaus und schon bald sah ich das große, graue Gebäude vor mir. Ich zog meine Pflegerkleidung über und starte in den Tag. Die morgendlichen Stunden vergingen wie im Flug und am Nachmittag kamen viele Besucher und feierten ein kleines Weihnachten mit ihren Lieben. Es war wirklich herrlich anzusehen. Ich bemerkte die ältere Dame aus Zimmer 354, die erwartungsvoll im Flur wartete und die ganze Zeit auf die Tür starrte, als ob jeden Moment Besuch für sie kommen würde. „Sie wartet schon seit drei Stunden dort und wollte nicht einmal zu Mittag essen“, meinte eine meiner Kolleginnen von mir. „Ja, traurig, aber vielleicht kommt ja noch jemand.“ Ich ging in den Sturz und danach musste ich Medikamente sortieren. Als ich nach zwei Stunden wieder kam, saß die ältere Frau noch immer auf ihrem Stuhl und wartete. Sie wartete und wartete. Langsam neigte sich meine Schicht dem Ende zu. Noch ca. 20 Minuten hatte ich zu absolvieren. Ich fragte sie ob sie nicht in ihr Zimmer wollte. Nein, ihr Sohn würde sie besuchen kommen. Das tat er immer an Weihnachten und sie hätte in gestern erst gesprochen. Er müsste jeden Moment kommen.
Da ich sie nicht umstimmen konnte, ging ich zur Übergabe in das Schwesternzimmer. Heute war es eine schnelle Übergabe, denn jeder wollte möglichst zeitig nach Hause. Ein Patient sollte zu uns verlegt werden. Ich schaute auf den Nachnamen und hatte plötzlich einen Verdacht. Der gleiche Nachname wie bei der alten Dame. Ein Mann, Mitte vierzig.
Statt also nach meiner Schicht nach Hause zu gehen, machte ich mit der älteren Dame noch einen kleinen Ausflug auf die vierte Etage. Diesmal hatte also die Mutter den Sohn zu Weihnachten besucht.
Ich fuhr nach Hause zurück und freute mich noch ein kleines Stückchen mehr auf Weihnachten.

Ich hoffe euch gefällt die Geschichte und sie kann euch ein wenig in Weihnachtsstimmung versetzten.
Ich finde die Aktion echt super und freue mich tierisch ein Teil vom Writing Friday Adventskalender zu sein.
Hier ein Link zum 10. Türchen und morgen findet ihr eine neue Geschichte auf Kiras kleine Leseecke 

Eure Svenja

hier die Teilnehmerliste einmal im Überblick: